Nomadisches Schreiben

/ Mai 28, 2014

Ein Laptop auf einem Strand mit dem Meer dahinter. Der Laptop hat genau dieses Bild auch als Schreibtischhintergrund, so dass eine endlose Abfolge desselben Bildes im Bild im Bild im Bild entsteht.Auf schreibwahnsinn.de gibts Montags immer eine writing prompt, und jetzt war mal eine dabei, zu der ich auch eine interessante nicht allzu langweilige Antwort zu bieten habe.

Die Frage ist: Wo schreibst du am liebsten?

Einfach zu beantworten, oder? Nope.

 
Die Sache ist die: Mein Rücken ist ein von Launen getriebener, aufbrausender Teil meiner Anatomie. Das heißt, egal wo ich sitze und wie bequem, es hält nie lange. Früher oder später krampft mein Latissimus derart, dass es in meinen Bauch, meinen Hintern und meine Oberschenkel ausstrahlt. Manchmal kommt auch noch mein Ischias und beißt mir ins Knie oder den Knöchel, oder meine Spondylolyse mit Listhese vesucht, mir das Kreuzbein zu zerfräsen. Oder mein einer Brustwirbel tanzt aus der Reihe und drückt auf meine Speiseröhre, während mein Kapuzenmuskel leise weint.

Ich bin somit gezwungenermaßen eine Nomadin des Schreibens.

Meistens fang ich an meinem Schreibtisch an, auf meinem schrillen grünen Sitzball. Zwischendurch leg ich mich auf meine Trainingsmatte, damit meine Lendenmuskeln wieder etwas locker lassen, aber das bringt nur begrenzt was. Auch weil mein Hintern den Sitzball zu hart findet (ich weiß, ich weiß, sag das meinem Hintern, nicht mir!) und ich zwar auch auf meinem Sitzball kniend schreiben kann, mir da aber schnell die Beine einschlafen.

Naja, vom Schreibtisch ziehe ich ans Bett um. Ich habe ein Hochbett. Etwas über hüfthoch. Da steh ich dann vor, gewöhnlich mit den Ellenbogen auf der Matratze und nem Kissen vorm Bauch, bis der Brustwirbel sich meldet. Seit neustem bin ich aber dazu übergegangen, mir das Frühstück-im-Bett-Tisch-Dingens, das normalerweise auf meinem Schreibtisch steht – damit ich nicht die ganze Zeit nach unten gucken muss, um meinen Laptopmonitor zu sehen (weil das fortgesetzte Nach-unten-gucken meinem Brustwirbel auch nicht gefällt) – mit zum Bett rüber zu nehmen. Hätt ich auch schon früher drauf kommen können, aber hey. War halt nicht.

Wenn ich mir dann gehörig die Beine in den Bauch gestanden habe, geht es weiter aufs Bett, mit einer komplexen Decken-/Kissenkonstruktion, die 1. verhindert, dass mein Rücken die kalte Wand berührt, 2. meinen unteren Rücken stützt, 3. meine Füße warm hält, 4. meinen Beinen genügend Spielraum für Haltungswechsel bietet und 5. entweder so hoch ist, dass ich den Laptop direkt draufstellen kann, oder so flach, dass das Frühstück-im-Bett-Tisch-Dingens noch drauf passt.

Am Wochenende, wenn mein Mann zuhause ist, schreibe ich manchmal in seinem Zimmer, um ihm nahe zu sein *heart*. Dazu bastle ich mir dann aus Sofakissen, Decken und dem Schlafsack (ja, wir haben einen Schlafsack auf dem Sofa, ich wickel mich darin ein, wenn mir kalt ist, don’t judge me) eine Rückenstütze und schreibe abwechselnd mit dem Laptop auf dem (hohen) Sofatisch oder auf meinen Knien.

Gelegentlich baue ich meine Deckenburg auch am Boden vor der Heizung in meinem Zimmer auf. Bevorzugt im Winter oder weil mir so danach ist.

Und dann schreibe ich natürlich noch im Bus und der U-Bahn. Mit weinendem Rücken, aber was will man machen.
Wenn ich gut drauf bin – aka nicht davon überzeugt, dass sich die übrigen Passagiere jederzeit in Zombies verwandeln und mich anfallen könnten – schreibe ich draußen sogar produktiver als zuhause. Draußen gibt es einfach nichts anderes zu tun und auch nicht diese Blickrichtungen an die Wand, auf das Chaos auf meinem Schreibtisch, die Katze am Boden, meine grausam gesplissten Haarspitzen, ins Internet, die mich zum Trödeln animieren.
Manchmal schreibe ich in einem Cafe. Wenn Rausgehen leichter für mich wäre, würde ich das regelmäßig machen.

Am allerallerliebsten würde ich in Paris schreiben. Ich mag Paris. Ich fühle mich da sehr wohl und zuhause. Klassische Phan-Krankheit. Ich hätte gerne eine winzige kleine Wohnung nahe des Zentrums, von der aus ich zwischen den Jardins de Luxembourg, den Tuilerien, dem kleinen Park an den Champs Elysées und zahllosen Cafés pendeln kann.
Ich hätte ein spezielles Sitzkissen, einen Sonnenschirm, ein höhenverstellbares Tischchen für meinen Laptop, einen Reserveakku und eine in langwieriger Arbeit zusammengestellte Liste von sauberen Klos im Umkreis von einem Kilometer rund um meine Schreibplätze.
Ich glaube, ich wäre da unglaublich produktiv und zufrieden.

Naja, erstmal muss ich noch stinkreich werden mit meiner Schreiberei. :D


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