Kuwe-Änderungen 03.0: Aus Eins mach Drei mach Eins

/ April 21, 2012

Ursprünglich sieht das Finale der Geschichte-in-der-Geschichte rund um den Bildhauer und seine Widersacher so aus, dass der Psychiater ganz allein auf seine Nemesis trifft. Es wurde nie explizit erklärt, warum das so ist, aber es lässt sich rauslesen, dass das wohl eine der Spielregeln darstellt, die sich der kleine Stinker ausgedacht hat.
Das nette an dieser Variante war, dass ich Bergerac ungebremst sein Rollenverständnis raushängen lassen konnte, und dass es wesentlich einfacher ist, alle Charaktere für den Leser präsent zu halten, wenn nur zwei statt drei oder mehr in der Szene rumlaufen.
Das Problem war aber, dass die Szene eine Schusswaffe braucht, sowie jemanden der sie gut genug bedienen kann, um die Treffsicherheit fest einplanen zu können. Es ist natürlich schon möglich, dass ein der Verbrechensbekämpfung verschriebener Psycho-Onkel durch die Mühen geht, sich Zulassung, Waffe und Übungsstunden am Schießstand zu besorgen – so hatte ich die Sache ursprünglich gelöst – aber irgendwie war mir das letztendlich zu sehr USA und Hollywood.
Hinzu kommt, dass es reizvoll ist, Bergerac und seine beiden Polizeikollegen mal live und nicht nur nacherzählt interagieren zu lassen. Das ganze dann auch noch unter Stress, so dass sie einander anpflaumen können, aber mit verteilten Rollen, weshalb Proulx den armen Bergerac besonders gefressen hat und Travert eigentlich nur seinen verdammten Job machen will.

Aus einem Kerl, der das Mädchen retten will, werden also drei Kerle, die das Mädchen retten wollen, und von denen zwei berufswegen nicht nur bewaffnet, sondern auch halbwegs treffsicher sind.
Zwei aktive Kanonen sind aber wiederum problematisch, und ich fände es doch etwas anstrengend, die drei Herren immer explizit räumlich zusammenzuhalten und volles Rohr ihr Bewegungsrepertoire ausschöpfen zu lassen.
Also nehm ich die Handschellen (jetzt ergibt das Artikelbild* auf einmal Sinn, was? :D) und knote die drei Kerle aneinander, mit dem Psychiater in der Mitte. So wird er nochmal ein Nümmerchen mehr gedemütigt, kann nicht vorstürmen oder sonstwelche leichtsinnigen, undurchdachten Aktionen machen, muss sich schön hilflos fühlen und geht den beiden anderen auf den Sack, wenn er versucht zu gestikulieren. Außerdem hat in der vorgesehenen Konfiguration nur Travert seine Schusshand frei, was das Problem der doppelten Knarre effektiv löst.

Die drei Herren werden durch die Handschellen wieder zu einem einzigen erzählerischen Item was ihren Aufenthaltsort und ihre waffentechnische Handlungsfähigkeit angeht. Ich stelle mir vor, dass sie wie ein dreiköpfiger Riese wirken, dessen Köpfe miteinander zanken, während er sich unbeholfen durchs Dickicht wälzt und ständig irgendwo anstößt.

Schaun wir mal, wie das wird. Bis jetzt ist der neue Spaß erst 1,2 Seiten lang und ich geh gerade die alte Version nach Schlagwörtern durch bzw. gucke, welche Dialogteile ich wie übernehmen und was ich komplett neu aufbauen muss; aber es ist schon sehr unterhaltsam zu schreiben.
Worauf ich jetzt achten muss, ist, dass ich nicht zu sehr in Richtung Slapstick ausrutsche. Gerade weil es sich in dieser Szene so anbietet, möchte ich nur ganz gezielt einzelne gewollt witzige Punkte einbauen, deren Wirkung ich aber sofort wieder mit der wenig glanzvollen oder gar stromlinienförmigen Realität breche.

Es macht mich immer voll an, mit Erwartungen zu spielen. Und es gibt so viele Vorlagen für Showdowns zwischen Held und Nemesis, so viele ungeschriebene Regeln, die man ganz kapriziös mal befolgen, mal brechen, mal ignorieren kann. Hach. Die Un-Realität der erzähltechnisch optimierten Geschichte mit der sperrigen, realen Realität zusammenkloppen und gucken, was dabei abbröselt.

Sowas erzeugt auch Spannung. Jede nicht erfüllte, sondern kreativ umschiffte Erwartung des Lesers erhöht sein Gefühl, die Handlung nicht vorhersehen zu können und auf alles gefasst sein zu müssen.

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*Ihr würdet mir nicht glauben, wenn ich euch sage, was das most random Bild war, das mir bei der Suche nach ‚handcuffs‘ und verschiedensten Adjektiven sexueller Konnotation mit ’safe search‘ aus untergekommen ist. Es war nicht eine einzige Handschelle auf dem Bild zu sehen. Nicht eine.

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