Vom Brainstorming zum Plot

/ April 4, 2014

Ich habe schonmal einen Post zum Plotausbauen geschrieben – und ein paar, die das Thema auch berühren – aber gestern hab ich diesen Artikel hier von Marcus Johanus von den SchreibDilettanten gelesen, und darunter einen Kommentar von Martin Fischer, in dem er gern wissen wollte, wie man denn nun von den gebrainstormten Bruchstücken zu einem brauchbaren Plot kommt.

Da dachte ich mir, da kann ich helfen. Und zwar so:

Nach einem Brainstroming hat man – je nach Vorgehensweise – einen mehr oder weniger unsortierten Haufen Ideen vorliegen. Ich benutze beim Stormen immer viele Din A-4-Blätter, für jeden Charakter eins und dann noch mal eins für jedes Plotthema bzw. jeden Handlungskomplex (z.B. ‚Familienbesuche‘ oder ‚Beziehung Charakter A – Charakter B‘ oder ‚Szenen an der Uni‘).

Der erste Schritt nach dem Brainstorming besteht im Sortieren. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, aber die chronologische Reihenfolge ist wahrscheinlich die wichtigste. Ich sortiere auch noch nach Orten, einfach weil der Ort vorgibt, welche Möglichkeiten die Charaktere haben, sich so oder so zu verhalten, und weil die Atmosphäre zum Teil vom Ort abhängt.

Nicht alle Szenen, Konflikte und Entwicklungen lassen sich bei diesem ersten Schritt gleich zuordnen. Sie werden in der Gegend rumliegen wie bestellt und nicht abgeholt. Aber das ist okay.
Es wird auch riesige Lücken geben, aber ihr werdet trotzdem schonmal ein grobes Gefühl für den Plot, seine Möglichkeiten und seine Bedürfnisse kriegen.

Die Lücken sind beim zweiten Schritt wichtig. Seht sie euch an. Was fehlt? Was könnte oder müsste passieren, um z.B. euren Charakter in die Richtung zu entwickeln, die ihr in der grob anvisierten Mitte der Geschichte braucht? Und wenn das nicht geht, könnt ihr an der Mitte was ändern? Wie wirkt sich das auf die späteren Szenen aus?
Behaltet dabei die Bruchstücke im Auge, die ihr im ersten Schritt noch nicht zuordnen konntet. Passen sie in eine der Lücken? Was müsste passieren, damit eines hier oder da hin passt? Sowohl an der Szene als auch an den ‚Rändern‘ der Lücke.

Bei mir läuft das in der Regel so, dass ich irgendwann die ersten paar Kapitel gut ausgeplant habe, aber danach ist alles eher ungewiss mit kleinen Inseln aus ‚Diese Szene muss auf jeden Fall passieren‘ und ‚Diese Szenen müssen auf jeden Fall in dieser Reihenfolge passieren‘.
Wie weit ihr wie detailliert plant, bleibt euch selbst überlassen. Schritt Drei könnt ihr entsprechend abwandeln.

Der dritte Schritt besteht bei mir darin, mit dem Fließtext anzufangen. Vor allem weil meine Charaktere erst durch Detailarbeit so wirklich Profil bekommen und ich ausprobieren muss, was wie wirkt, was funktioniert usw. Dabei kommen mir viele Ideen für die spätere Handlung, mal Bruchstücke, mal was zur Reihenfolge o.ä. was ich dann im Grobentwurf ergänze.

Wenn ihr erst perfekt ausplanen wollt, macht ihr das hier bevor ihr schreibt; alle anderen machen es wenn sie die geplanten Kapitel geschrieben haben oder wenn ihnen zwischendurch danach ist:
Geht immer wieder über den Grobplot drüber, baut ihn aus und um mit den neuen Ideen und Möglichkeiten, die euch in der Zwischenzeit gekommen sind. Außerdem macht ihr immer wieder Brainstormings zu den Lücken, die noch existieren. Also, fokussiert auf eine ganz bestimmte und versucht, sie irgendwie zu füllen. Dabei kommt auch viel raus, das in andere Lücken passt oder an anderen Stellen ergänzt werden kann.

Ein ganz wichtiger Aspekt am Plotten ist auch, Szenen und Entwicklungen rauszuwerfen, die trotz aller Mühe einfach nicht passen wollen.

Tja, und so baut ihr nach und nach eure Geschichte zusammen :)

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2 Kommentare
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Martin Fischer
9 Jahre zuvor

Danke, Tine, für diesen interessanten Artikel, den Du aufgrund meiner Frage geschrieben hast. Seit ich mit Schreiben angefangen habe – vor einem Jahr – staune ich immer wieder, wie unstrukturiert mein Plotten vonstatten geht und wie die Figuren während des Schreibens ein Eigenleben entwickeln. Im Idealfall konnte ich schon mal eine Szene beschreiben, die sich vor meinem inneren Auge, wie in einem Film, entwickelte.
Beim nächsten Plotten werde ich Deine Hinweise verfolgen und schauen, was beim Fliesstextarbeiten mit meinen Figuren rauskommt, das sich im Plot verwenden lässt.
– Martin :-)